Die Kynsburg

Die Mau­er der Kyns­burg zeugt von einem Umbau zur Renais­sance­zeit. Im Hin­ter­grund ragen der erhal­te­ne Süd­ost­flü­gel und der zer­stör­te West­flü­gel der Ober­burg auf. (Foto: Micha­el Reinboth)

Die Kyns­burg, heu­te Zamek Grod­no, ist nicht nur eine sehr aus­ge­dehn­te Anla­ge mit Unter- und Ober­burg. Sie weist auch eine sehr inter­es­san­te Geschich­te auf, die mit Bol­ko I. von Schweid­nitz-Jau­er im 13. Jahr­hun­dert beginnt, der die­se Burg als Grenz­fes­te sei­nes Her­zog­tums erbau­en ließ. Von ihm, Her­zog Bern­hard und Her­zog Bol­ko II. fin­den wir Por­träts in der Burg, die Grä­ber der bei­den Bol­kos wie­der­um in der Piasten­gruft zu Grüss­au. So schließt sich man­cher Erkennt­nis­kreis! Die übri­gen Jahr­hun­der­te der Kyns­burg lesen sich wie ein „Who is who“ des nie­der­schle­si­schen und deut­schen Adels: Reib­nitz, Czettritz, Logau, Schaff­gotsch, Hohen­zol­lern-Sig­ma­rin­gen. Aber auch man­cher üble Raub­rit­ter zog von hier oben aus. Bedeu­tends­ter Bau­herr war Mat­thi­as von Logau, der von sei­ner Rei­se nach Ita­li­en die Ideen für den Renais­sance-Umbau mit­brach­te, der von 1545 bis 1567 statt­fand. 1680 gab es hier einen Bau­ern­auf­stand, da hieß der Besit­zer Georg von Eben. Wie so oft, ging es vom 18. Jahr­hun­dert an berg­ab, und es bedurf­te eines Bur­gen­lieb­ha­bers, Johann Gus­tav Gott­lieb Büsching aus Bres­lau, um Unter­hal­tungs- und Auf­bau­maß­nah­men anzu­schie­ben. Das Werk wur­de ins­be­son­de­re von Maxi­mi­li­an Fer­di­nand von Zedlitz und Neu­kirch fort­ge­führt, der für sei­ne Ver­diens­te im Krieg von 1870/71 von Kai­ser Wil­helm I. die fran­zö­si­sche Kano­ne erhielt, die man heu­te noch bewun­dern kann. Unter den Zedlitz und Neu­kirch, die bis 1945 im Besitz der Burg blie­ben, wur­de sogar der bekann­te Bur­gen­re­stau­ra­tor Bodo Ebhardt hinzugezogen. 

Die Kyns­burg ist auch mit der schle­si­schen Lite­ra­tur ver­bun­den, denn neben Kas­par von Logau hat sich auch Karl von Hol­tei hier auf­ge­hal­ten, und in sei­nem Roman „Wald­win­ter“ hat Paul Kel­ler der Kyns­burg als Auf­ent­halts­ort des erho­lungs­be­dürf­ti­gen Schrift­stel­lers ein blei­ben­des Denk­mal gesetzt: „Ein neu­es Tal öff­ne­te sich dem Bli­cke. Ein Gebirgs­fluß durch­ström­te es sei­ner Län­ge nach (…) Drü­ben über dem Tale stieg ein Berg­ke­gel empor, von unten bis oben mit Laub­wald bestan­den, und über die obers­ten Baum­kro­nen rag­te ein grau­er Turm (…) Hoch ragt das in sei­nem Ver­fall noch statt­li­che Bau­werk vor mir auf. Die Burg­mau­er umschließt noch den gan­zen Hof; frei­lich zeigt ihr obe­rer Rand zahl­lo­se Lücken (…) Aber das Haupt­ge­bäu­de scheint gut erhal­ten zu sein, und eben­so der hohe sechs­ecki­ge Turm.“ Spä­ter folgt noch eine genaue Beschrei­bung der von ihm bewohn­ten Zim­mer, die wir unschwer als den heu­te zu besich­ti­gen­den Räu­men nach­emp­fun­den ent­schlüs­seln können.

Natür­lich gibt es, wie bei jeder Burg, auch eine bis heu­te gepfleg­te, hin­rei­chend grau­sa­me Sage, ein ent­spre­chen­des Ske­lett und ein Schä­del wer­den im Burg­ver­lies präsentiert.

Zamek Grod­no ging es nach 1945 nicht ganz so gut, es setz­te ein rascher Ver­fall ein, der erst nach 2000, als sich die Gemein­de Walim der Burg annahm, gestoppt wur­de. Von 2009 bis 2018 wur­den umfang­rei­che Restau­rie­rungs­ar­bei­ten durch­ge­führt. Die über eine Fol­ge sehr schö­ner Räu­me ver­fü­gen­de Burg ist neben dem „Kom­plex Rie­se“, also den von den Natio­nal­so­zia­lis­ten unter Opfe­rung von Gesund­heit und Leben vie­ler KZ-Häft­lin­ge ange­leg­ten gewal­ti­gen Stol­len­an­la­gen im Eulen­ge­bir­ge, und der Tal­sper­re die Haupt­at­trak­ti­on der Gemein­de. Es gibt mehr­spra­chi­ge Füh­run­gen, und auch eine Burg­gast­stät­te ist vor­han­den. Und schließ­lich ist es auch nicht sehr weit bis zum Gip­fel der Wiel­ka Sowa/Hohe Eule, mit 1.015 m und 2006 wie­der eröff­ne­tem Aus­sichts­turm höchs­ter Punkt des gesteins­mä­ßig ältes­ten Gebirgs­teils der Sude­ten – das Eulen­ge­bir­ge besteht über­wie­gend aus Gneis.

Bis 1945 waren übri­gens auch die Bezeich­nun­gen „Schle­si­er­tal“ und „Schle­si­er­tal­sper­re“ für die­sen Abschnitt des Wei­stritz­tals gebräuchlich.

Micha­el Rein­bo­th: Die Kyns­burg, in: SCHLESICHE BERGWACHT, 01/2022, Sei­te 7